Deutsch fuer Profis

Dienstag, 19. Juli 2005

Klassische Schachtelsätze

Im Juristendeutsch:
Das Gericht wolle erkennen, der Beklagte sei schuldig, mir für die von mir für ihn an die in dem von ihm zur Bearbeitung übernommenen Steinbruch beschäftigt gewesenen Arbeiter vorgeschossenen Arbeitslöhne Ersatz zu leisten.
In der Zeitung:
Zu den szenischen Glanzlichtern des von Kurt Weinzierl (er ist mimisch, sprachlich und von der Ausstrahlung her die Nummer eins der nun nicht mehr ganz neuen Mannschaft), Rainer Basedow, Astrid Jacob (ein Neuzugang und ein Gewinn), Veronika Faber und Bernd Stephan mit gelassener Perfektion und genüsslicher Spiellaune durchgezogenen Abends gehörten der Text eines türkischen Gastarbeiters (von Hellmuth Matiasek) und eine sechzig Minuten lange "Open-End-Diskussion", bei der brutale Schnitte die engagierten Äußerungen eines kleinen Mannes von der Straße auf debiles Stammeln reduzierten (von Dieter Hildebrandt). -Süddeutsche Zeitung-
Das Fernsehen brach, programmgemäß, seine Übertragung für die Danziger Region nach dem weltlichen Teil der Feier, vor Beginn der Messe, bei der die Partei- und Staatsvertreter anwesend blieben, der -katholische- stellvertretende Ministerpräsident Ozdowski neben Lech Walesa die Kommunion empfing, ab. -Frankfurter Allgemeine-

Kapitel 15 -Hauptfeind: Der Schachtelsatz-

„Bandwurmsätze“ zu vermeiden ist eine Aufforderung zum kurzen Satz. Als Schachtelsätze werden schon solche Sätze bezeichnet, die nur einen Nebensatz enthalten. Seht er in der Mitte heißt er Zwischensatz, steht er am Anfang heißt er Vorsatz, steht er hinten dran, heißt er Nachsatz. Der Schachtelsatz tritt in zwei Formen auf:
1. einem lang gestreckten Hauptsatz, der immer wieder durch Zwischensätze unterbrochen wird, wie z.B.: „Das Haus, das an der Straße nach Göttingen liegt, wird, noch bevor der Frost einsetzt, abgerissen.“
2. der Einschachtelung eines Unterzwischensatzes in einen Oberzwischensatz, so zusagen der Schachtel in der Schachtel, wie z.B. „Das Haus, das an der Straße, die nach Göttingen führt, liegt, wird abgerissen.“ Oder mit drei Schachtel: „Die Häuser, die sich an dem Weg, der von dem Platz, der vor dem Rathaus liegt, abgeht, befinden, werden abgerissen.“
Soviel Unheil kann man mit nur 16 Worten anrichten. Also eins steht fest, gleichgültig, ob der Schachtelsatz drei Nebensätze und sechs Kommas enthält oder ob er sich als kommafreie Klemmkonstruktion darbietet, er muss zerschlagen werden!

Kapitel 14 -Hauptsachen in Hauptsätzen-

Dieser Rat ist populär und gut, wird aber ebenso wenig beherzigt, wie die Sache mit den kurzen Sätzen. Zudem gibt es auch hier Einschränkungen, denn gereiht wirken Hauptsätze unangenehm und ermüdend, was grammatisch ein Nebensatz ist, ist oft inhaltlich ein Hauptsatz. Wichtiger ist die Faustregel: Hauptsachen gehören in Hauptsätze, nicht in Nebensätze! Aber auch wenn dies berücksichtigt wird, stößt man auf die Torheit, dass die Hauptsache nicht in der Satzaussage steht, sondern abgedrängt daneben. So hört man im Radio: „Nach Auflösung örtlicher Frühnebel heiter.“ Für den Autofahrer, der unterwegs ist wäre es doch besser: „Achtung, Autofahrer! Örtlich Frühnebel. Später heiter und trocken.“ Gott hat zu Noah ja auch nicht gesagt: „Nach der Sinnflut trocken.“, oder?

Freitag, 8. Juli 2005

Ein langer Satz, und doch verständlich!

Bitte lest Euch hierfür das Kapitel 13 aus "Deutsch für Profis" durch, damit ihr wisst, worum es geht. (Zusammenfassung im Menü unter Deutsch für Profis)
Wenn man nun die wichtige Rolle betrachtet, welche die Geschlechtsliebe in allen ihren Abstufungen und Nuancen, nicht bloß in Schauspielen und Romanen, sondern auch in der wirklichen Welt spielt, wo sie, nächst der Liebe zum Leben, sich als die stärkste und tätigste aller Triebfedern erweist, die Hälfte der Kräfte und Gedanken des jüngeren Teiles der Menschheit fortwährend in Anspruch nimmt, das letzte Ziel fast jeden menschlichen Bestrebens ist, auf die wichtigsten Angelegenheiten nachteiligen Einfluss erlangt, die ernsthaftesten Beschäftigungen zu jeder Stunde unterbricht, bisweilen selbst die größten Köpfe auf eine Weile in Verwirrung setzt, sich nicht scheut, zwischen die Verhandlungen der Staatsmänner und die Forschungen der Gelehrten störend mit ihrem Plunder einzutreten, ihre Liebesbriefchen und Haarläckchen sogar in ministerielle Portefeuilles und philosophische Manuskripte einzuschieben versteht, nicht minder täglich die verworrensten und schlimmsten Händel anzettelt, die wertvollsten Verhältnisse auflöst, die festesten Bande zerreißt, bisweilen Leben oder Gesundheit, bisweilen Reichtum, Rang und Glück zu ihrem Opfer nimmt, ja den sonst Redlichen gewissenlos, den bisher Treuen zum Verräter macht, demnach im Ganzen auftritt als ein feindseliger Dämon, der alles zu verkehren, zu verwirren und umzuwerfen bemüht ist – da wird man veranlasst auszurufen: Wozu der Lärm? Wozu das Drängen, Toben, die Angst und die Not? Es handelt sich ja bloß darum, dass jeder Hans seine Grete finde. (192 Wörter)

Kapitel 13 -Bedingtes Lob für kurze Sätze-

Bisher haben uns nur die Worte beschäftigt, aber Wörter zu Sätzen zusammenzustellen enthält eine Chance und ein zusätzliches Risiko. Die Unklarheit der Sätze ist meist noch größer, als die Unklarheit der Wörter. Was bringt es uns, wenn aus durchsichtigen Vokabeln Satzschachteln und Buchstabenburgen gebaut werden. Will man verstanden werden, schreibt man kurze Sätze. Aber was ist ein kurzer Satz? Ist es die Anzahl der Wörter, oder der Silben? Beide folgenden Sätze haben acht Wörter.
Ich sah, wie der Blitz den Baum traf. (8 Silben)
Der Schnellzugzuschlagsverkauf im fahrenden Reisezug sollte unterbunden werden. (22 Silben)
Oder ist die Länge von Punkt zu Punkt ausschlaggebend? Oder vielleicht gilt auch der Doppelpunkt, oder das Semikolon? Die Meinung über die Anzahl der Wörter in einem Satz geht auseinander. So hat die Bild ca. 4 Wörter pro Satz, nach dpa sind es 9, nach Seibicke 10-15, und in „Dr. Faustus“ von Mann sind es im Durchschnitt 30 Wörter pro Satz.
Kurze Sätze haben den Vorteil, dass sie den Schreiber zwingen, seine Gedanken zu disziplinieren. Gelingt es am Anfang eines Textes, einen kurzen Satz mit Substanz zu bringen; perfekt. In den Nachrichten sicher nicht immer möglich, aber in der Literatur schon. „Ja, wir sind Landstreicher.“, oder „Der Knabe war Klein, die Berge waren ungeheuer.“
Untersuchungen zeigen: Bei 14 ist Schluss. Es wurde ermittelt, beim wievielten Wort in gehörten Texten das Verständnis aussetzt:
Bei einem siebenjährigen Kind mit dem 8. Wort, bei einem Drittel der Erwachsenen mit dem 11. Wort, bei mehr als der Hälfte der Erwachsenen mit dem 14. Wort.

Kapitel 12 -Weg mit den Marotten-

Ohne Mätzchen schreiben, nicht mit Wörtern protzen, nicht auf Glatzen Löckchen drehen – das ist eine klare Regel, über die sich alle einig sind. Leider umschlingen viele Journalisten ihre Sätze mit exotischen Vokabeln und lassen Wörter in pompösen Polonaisen paradieren. Auch ist es zum Trend geworden, die Überschriften so zu gestalten, dass es heißt: „Bauern, Bonzen, Bomben“, oder „Titel, Thesen, Temperament“. Das hat mit gutem Deutsch nichts zu tun. Wie auch schon vorher, kreidet Schneider den Spiegel an, der leider für Viele zum Vorbild mutiert, mit der Nutzung der deutschen Sprache. Zu einem der vielen Angriffe auf sein verquastes Deutsch konnte man im Spiegel lesen: “Absicht und Zwang, auf möglichst wenig Raum möglichst viel mitzuteilen, zwingt im Deutschen zu Spracherfindungen, die sich um Purismus nicht immer kümmern. Eine Schutzbehauptung! Denn diese Zitat aus dem Spiegel, könnte sehr wohl deutlich besser formuliert sein: „Schnaps wird dann wieder Schnaps sein. Warten wir auf den Mai. Windige Wende. Wendige Winde. Oder auch: windige Wände. Tendenz, Tendenz…“ Also mal ehrlich, was soll man dazu noch sagen?
Was leider allzu oft verloren geht, ist der Genitiv. So schrieb das HH Abendblatt: „die Scheidung von Queen-Schwester Prinzessin Margaret“, anstatt „die Schwester der Queen“. Hier wäre mit bescheidenen Mitteln „normales Deutsch“ entstanden.

Samstag, 25. Juni 2005

Kapitel 11 -Vorsicht mit Synonymen-

Schiller: „Und setzet ihr nicht das Leben ein- nie wird euch das Leben gewonnen sein.“
Goethe: „Alles geben die Götter, die unendlichen, Ihren Lieblingen ganz, allen Freunden, die unendlichen, alle Schmerzen, die unendlichen, ganz.“
Nun gut, das ist Poesie. Für den Journalismus aber gilt, was auch für den Aufsatz in der Schule gilt: Wechsel im Ausdruck! Da nun unsere Schul-Erziehung und unsere Sitte diesen Ausdruck erzwingen, muss es den Nachrichtensprechern und den meisten Rundfunksendern erlaubt sein, diesem durch Synonyme entgegenzusteuern.(Antlitz – Gesicht – Visage - Fresse) Jedoch Achtung, denn die zwanghafte Suche nach Synonymen ist übertrieben und produziert oft Lächerlichkeit oder ärgerliche Erschwerung des Verständnisses. So machen sich Spiegel und Stern seit Jahren einen Jux daraus, jeden Pfarrer, über den sie etwas Negatives schreiben, bei der zweiten Nennung als „Gottesmann“ vorzustellen. Lächerlich, oder? Beliebt ist auch, Namen oder Substantive zu ersetzen durch: „Ersteres und Letzteres“. Beispiel: „Der Konflikt zwischen Syrien und Jordanien hat sich zugespitzt. Während Ersteres…, geht Letzteres davon aus…“Mal ganz davon abgesehen, das es keine Steigerung dieser beiden Worte (den Ersten, den Letzten) gibt, ist der Leser nun auch noch gezwungen, sich die vorherige Zeile noch einmal durchzulesen, um die beiden Begriffe eindeutig zuordnen zu können. Ärgerlich, oder?
Typische Beispiele:
Erst Ägypten dann Nilland
Elefant - Dickhäuter
Frankfurt - die Mainmetropole
Hund - Vierbeiner
Kirche - Gotteshaus
Wildschwein - der Schwarzkittel
Dackel - Waldi
Delfin - Flipper
Reh - Bambi

Sonntag, 19. Juni 2005

Kapitel 10 -Das deutsche Wort-

Das beste Deutsch könnte aus lauter Fremdwörtern zusammengesetzt sein, weil nämlich der Sprache nichts gleichmütiger sein kann als das „Material“, aus dem es besteht.

Wichtig ist nach Schneider, dass die Fremdwörter, die wir benutzen, anschaulich und verständlich sind. So ist Adresse populärer als Anschrift und frankieren populärer als freimachen, und kein Sprachliebhaber würde folgenden Satz loben: „Russland gestattet sich einen schweren Komplex der Inferiorität, der seine Effizienz lähmt; es glaubt auf das infantile Ritual des Eigenlobs nicht verzichten zu können.“ (Der Spiegel) Wie bitte?
Das ist alles nur arrogantes Wortgeklingel, so ist sich der Literaturwissenschaftler zu schade, das Erzählerische, das er meint, so zu nennen- das Narrative muss es sein.
Das Fremdwort ist willkommen oder erlaubt, wenn es
1. verständlich und treffen ist (Sex, Ironie)
2. verständlich und auf dieser Stilebene nicht durch ein deutsches zu ersetzen ist (homosexuell)
3. Lokalkolorit vermitteln (Datscha)
4. zwar nicht allgemein verständlich, aber bisher ohne deutsche Entsprechung ist
Dennoch sollte der Versuch nicht ausbleiben, neu erscheinende Fremdwörter ins Deutsche zu übersetzen, denn so wird aus Exkursion der Ausflug und aus Supplikanten der Bittsteller
Weg mit den Anglizismen (tritt in verschieden Formen auf), wie z.B.:
1.dümmliche Nichtübersetzung
2.irreführende Nichtübersetzung (administration heißt in USA Regierung, und nicht wie in Deutschland Verwaltung)
3.Verdrängung eines griechischen Wortes in seiner deutschen Form durch ein griechisches Wort in seiner englischen Form (Technik auf engl. Technology, auf deutsch Technologie)
4.eine scheinbar deutsche Wortprägung, die ein angelsächsisches Vorbild nachäfft (wir nutzen Netz, weil es network heißt, aber net ist nur aus Garn und Tüll)
Zudem neigt der Deutsche dazu, deutsche Namen für fremde Länder oder Städte mit großem Eifer den dort üblichen Benennungen oder Umbenennungen anzupassen, so wurde aus dem schönen Wort Persien der Irak. Aber warum? Wir heißen Deutsche, was schert es die Engländer, die uns „Germanen“, die Franzosen, die uns „Alemannen“, die Italiener, die uns „tedeschi“ nennen?

Donnerstag, 16. Juni 2005

Kapitel 9 -Das treffende Wort-

Das treffende Wort ist nicht unbedingt ein Wort, das genau das beschreibt, was es meint, sondern oftmals ist es ein Wort, das dem Volksmund entsprungen ist. So sagt man z.B. nicht
„Autobahngegenstromeinbieger“, sondern „Geisterfahrer“. Und auch sagen wir „Über Stock und Stein“, lassen dabei aber die Pfützen aus, und dennoch wissen wir, was damit gemeint ist.
Die Sprache liebt das pars pro toto (den Teil anstatt des Ganzen). So warnt z.B. Reiners davor, im Blindenstil zu schreiben, so als hätte der Leser weder Augen noch optische Erinnerung noch Fantasie.
Von den Behörden ist dies nicht zu erwarten. Sie habe gewissermaßen sogar eine Pflicht zur logischen erschöpfenden Vokabel von der Machart
„Körperschaftssteuerdurchführungsverordnung“. So sagt Wolf Schneider in seinem Buch:
Weg mit den Tarnwörtern
Es ist kein Kernkraftwerk, sonder ein Atomkraftwerk, es hat ja schließlich nicht wirklich mit Kernen wie in Kirschen oder ähnlichem Obst zu tun, sondern mit dem Atomkern, also kann man dies auch sagen.
Künstler auf dem Gebiet der Worttarnung ist der Einzelhandel. Statt billig oder teuer, nehmen sie einfach das Wort „preiswert“, sozusagen als Synonym für billig, was aber nichts aussagt darüber, ob die Ware wirklich billig ist, denn schließlich ist ja alles seinen Preis wert.

Denn das treffende Wort kann nur jenes sein, das die Sache oder den Sachverhalt in ungetarnter, schlüssiger, allgemein verständlicher Form benennt.

Weg mit dem Schwulst
Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass solche Unternehmen die Krise am besten meistern, die durch rechtzeitige Modernisierung ihrer Unternehmenspolitik neues schöpferisches Geistespotenzial schaffen und gleichsam neue innere Märkte erschließen. Das ist keine Absage an die Tradition, sondern die nüchterne Schlussfolgerung, dass Tradition im Bereich des Handelns dort ihren größten Wert erlangt, wo sie uns hilft, die Zukunft zu gewinnen.“ –WAS HAT DER GESAGT?-

Auch abstrakten Oberbegriffen sollte ausgewichen werden. Wenn ich viele Birken sehe, sage ich nicht Bäume, wenn ich Windkraft meine, sage ich nicht alternative Technologie. Zudem sind die treffenden Wörter oft besser, denn der Geisterfahrer besteht aus vier Silben, der Gegenrichtungsfahrbahnbenutzer hat neun. Schwitzen hat zwei, transpirieren hat vier, Dauerregen hat vier, ergiebige Niederschläge hat acht und der Stuhl hat eine Silbe, die Sitzgelegenheit hat fünf Silben. Also, warum machen wir es uns und den Lesern nicht einfacher?

Freitag, 10. Juni 2005

Kapitel 8 -Her mit den Verben-

„Das Eintreten des Todes wird verzögert, aber ins Leben wird dieser Mensch nie zurückkehren“ oder: „Sterben soll er nicht und leben kann er nicht“. Verben sind anschaulicher, schlanker, bewegter als Substantive, nicht immer, jedoch bei Vergleichbarem Bildgehalt.
Süskind unterscheidet vier Rangstufen von Substantiven. Die bildhaften, konkreten: Blitz, Baum, Wolke; die bildnahen: Treue, Neid; die bildleeren, abstrakten: Verantwortung, Selbstbeherrschung (generell die, die auf –ung, -heit, -keit, -ät, -ion, -ismus oder auf –nis, -sal und –schaft enden und zu Letzt die lebenden Leichname: Zurschaustellung, Inaugenscheinnahme.
Aber auch einige Verben sind misstrauisch zu beäugen:
a)die, die sich mit einem Substantiv verheiraten: Bekenntnisse ablegen, Abhilfe schaffen, Verzicht leisten. Wer Verzicht leistet, leistet nichts, und wer Stimmenthaltung übt, braucht nicht zu üben, er kann es offenbar schon.
b)Luftwörter: bewirken, bewerkstelligen
c)tote Verben: sich befinden, liegen, gehören.
Andererseits lassen sich mit statischen Verben starke Wirkungen erzielen. („Der Wald steht schwarz und schweiget“) und umgekehrt täuschen einige Verben eine Tätigkeit vor: Was tut der Baum, der Schatten spendet? Nichts. Was tut der Berg, der sich still übers Tal aufschwingt? Wieder nichts.
Man sollte sich zweimal überlegen, ob man solche Wörter überhaupt nutzen will. Welche Verben sind also erstrebenswert? Schlichte Verben sind erlaubt und erwünscht, auch im Journalismus, und Schiller macht es vor: „Balken krachen, Pfosten stürzen, Fenster klirren, Kinder jammern, Mütter irren.“
Das sollte man meiden:
Das falsche Imperfekt. Falsch: „Der Bundestag verabschiedete gestern das Gesetz über …“. Richtig: „Der Bundestag hat gestern beschlossen, …“.
Das leidige Plusquamperfekt. Falsch: Der Ausbrecher von heute „war gestern zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden“. Wieso „war“? Er ist verurteilt worden.
Das ärgerliche Passiv, das Lieblingsinstrument der Bürokratie: „Sie werden dringend ersucht …“ und eine Möglichkeit, Personen nicht zu benennen, sondern sie hinter Floskeln zu verstecken wie „Es wird angeordnet …“
Der ungute Infinitiv. Besonders störend, wenn ein zweiter Infinitiv vom ersten abhängt: „…dem Gewerkschaftsnachwuchs zu verbieten, sich dem Aufruf anzuschließen.“ Falsch ist ein Infinitiv auch, wenn er eine bereits gemachte Aussage tautologisch wiederholt: - die Erlaubnis, den Sitzungssaal betreten zu dürfen. Denn die Fähigkeit ist schon das Können, die Erlaubnis das Dürfen.
„Verben verstecken“ ist bei weitem das dümmste Spiel, das man mit der Sprache treiben kann. Das Verb tritt immer an prominenter Stelle auf. Niemals sollten wir ein Substantiv verwenden, wo ein Verb denselben Dienst versieht. Nicht: die Kunst der Verständlichkeit des Schreibens, sondern: die Kunst, verständlich zu schreiben.

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Zuletzt aktualisiert: 20. Dez, 18:08

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